
In den 1960er und 1970er Jahren waren im Saarland die ersten Pizzerien entstanden. Sie waren beliebt und es wurden immer mehr. 1984 zählte Charly Lehnert in seinem Gastronomie-Führer von Saarbrücken unter „Ausländisch essen, Italienisch“ schon 31 Häuser.
Die „Italiener“
begannen jedoch, ihre kulinarischen Angebote auszubauen und weiterzuentwickeln. Viele Restaurants blieben ihrem Stammprodukt - der Pizza - treu, denn sie war und blieb sehr beliebt. Manche Karte
war mit Dutzenden Varianten gefüllt. Das Außerhaus-Geschäft brummte. Der hungrige Gast musste seine Pizza nicht mehr selbst abholen – der Bringservice entstand. Alberto del Fa, der Gründer des
„Roma“ berichtetet, dass er neben dem ersten Standort seines Restaurants in der Heuduckstraße einen separaten Home-Service eröffnete. Dort stand ein riesiger Pizzaofen, in dem die Pizzen nach den
telefonischen Wünschen der Kunden gebacken und ausgefahren wurden. Bereits nach wenigen Wochen waren vier Autos im Einsatz. Auch andere boten „Pizza to go“ oder Lieferdienste an.
Ab Anfang 1980 Jahre begann eine neue Entwicklung hin zum „Ristorante“. Mancher italienische Gastronom wollte mehr als nur Pizza oder Pasta. Nico Patanasi hatte in den 60ern in Saarbrücken zunächst das „Da Nico“ und später weitere Pizzerien eröffnet. 1977 zog es ihn nach Quierschied, wo er das neue „Da Nico“ eröffnete. Auf die Frage, warum seine Karte nur drei Pizza-Sorten enthalte, erklärte er, „dagegen sei er allergisch“. Und weiter meinte er, „jeder könne Pizza machen, sie sei zur Massenware geworden, außerdem habe die Pizza-Esserei in Deutschland vielfach den Geschmack für die gute, originale italienische Küche verdorben.“ Genauso sah das auch Alberto del Fa, dessen „Roma“ 1981 in die Klausener Straße umzog. Er wollte eine anspruchsvolle italienische Küche anbieten. Und die Menschen waren bereit dafür, sie wollten das Essen genießen und etwas erleben.
Charly Lehnert bemerkte in seinem Gastroführer, die italienischen Restaurants würden „sogar Fischgerichte“ angebieten! Tatsächlich, er hatte Recht, die Gäste entdeckten Fisch. Laut del Fa scheiterte er in den ersten Jahren mit seinem Versuch, aus der mediterranen Fischküche Italiens besondere Gerichte anzubieten. Die Gäste aßen nur Fisch, den sie kannten – meist bestellten sie Forelle! Aber dann rückten mit einem Mal Scampi und Krabben ins Blickfeld der Kunden. Krabbencoctail, gebratene Scampis, Risotto mit Frutti di Mare wurden bevorzugte Gerichte. Und es ging weiter, die Gäste wurden offen für Fische wie Zander oder Seezunge, später Thun- und Schwertfisch. Sie kamen aus Urlauben zurück mit neuen kulinarischen Erlebnissen und waren interessiert an fremder Esskultur!
Auch bei den Fleischgerichten etablierten sich statt den klassischen Jäger- oder Zigeunerschnitzeln andere Varianten. Beim „Scaloppina parmigiana“ wurde das Schnitzel mit einer Hackfleisch-Tomatenmasse überzogen und mit Käse überbacken. Beim „Scaloppina valdostana“ war es in Butter gebraten und dazu kam eine weiße Sauce mit Champignons und etwas Käse. Sehr beliebt war „Saltimbocca alla Romana“: Kalbsschnitzelchen mit Schinken, Salbei und Weißweinsauce.
Edle Rinderteile wie Steak und Roastbeef standen ebenfalls auf der Karte. Vieles kam damals aus Argentinien, wo es zu jenen Zeiten noch hervorragendes Fleisch aus großen freilebenden Herden gab. Im „Roma“ war der Teufelsspieß (verschiedene Fleisch- und Gemüsestückchen auf einem imposant aussehenden Spieß), serviert auf einem besonderen Teller, eine große Attraktion. Das Flambieren von Gerichten am Tisch kam in Mode – Und was alles flambiert wurde: Rumpsteak, Kalbsnierchen, Filet mit Gänsestopfleber, ja auch Desserts wie Crèpe suzette, Omlette surprise, Erdbeeren mit Pfeffer oder Zabaione; Herzhaftes mit Cognac, Süßes mit Grandmanier. Die Kunden liebten das Spektakel mit dem Feuer, die Restaurants lieferten es!
Im „Roma“ kam man auf die Idee, einmal im Monat zu einer kulinarischen Reise durch Italien einzuladen. Jede der italienischen Regionen wurde vorgestellt. Dazu gab es Wissenswertes im Beiprogramm, vor allem Kulturelles und Kulinarisches. So lernten die Gäste die Besonderheiten der Regionen kennen. Trüffel aus Piemonte, Parma-Schinken aus der Emilia Romagna und San Daniele aus dem Friaul, Zwiebeln aus der Toskana, Zitrusfrüchte oder Cassata aus Sizilien und vieles mehr.
Den italienischen Gastronomen gelang es, aus dem einfach nur „Essen gehen“ ein Erlebnis werden zu lassen. Und Show-Elemente gehörten dazu: Mit einer riesigen, bis zu einem Meter langen Pfeffermühle, kam der Kellner an den Tisch und bot „un poco di pepe“, also etwas frisch gemahlenen Pfeffer zum Gericht an – die Gäste waren begeistert, sowohl von der Pfeffermühle
als auch von der Show, am Tisch mit frischem Pfeffer bedient zu werden. Das alles entsprach dem Lebensgefühl der 80er: es darf gelebt und gefeiert werden! Es ging der Gesellschaft so gut wie nie zuvor.