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Ein Blick auf (und in) die Currywurst

Wer die Currywurst erfunden hat, weiß man nicht genau. Richtig ist, dass eine Berlinerin 1949 ein Patent für die Soße ihrer Wurst angemeldet hat. Das "Deutsche Currywurst Museum" in Berlin ist der Ansicht, sie sei die Erfinderin. Aber vielleicht entstand sie im Ruhrgebiet. Herbert Groenemeyer sang „Wat schönret gibt et nich' als wie Currywurst“. Die Süddeutsche Zeitung kam 2017 zu dem Ergebnis, im Saarland sei die Currywurst wohl nicht erfunden, aber verglichen mit allen anderen Bundesländern am stärksten mit der Kultur der Region verbunden.

Das hängt mit der klassischen „Roschdwurschdbud“ zusammen! Für den Schriftsteller Alfred Gulden aus Saarlouis war sie so bedeutend, dass er sie für zentrale Szenen in Theaterstücke auswählte; für den saarländischen Rundfunk drehte er Filme über die „magischen Orte“. An diesen Kultstätten der Kommunikation tauschten sich die Menschen bei einer Wurst und einem Getränk über Alltägliches und Grundsätzliches aus. Highlight war und ist auch heute noch die Currywurst. Vermeintlich ist diese Form des Fastfoods verschwunden. Aber das scheint nur so. Die Imbissbuden gibt es auch heute noch, tauchen allerdings zunehmend in anderen Formen auf - als Streetfoodtrucks, Kebab-Haus, Asia-Grill oder bei Festen. Viele von ihnen haben Currywurst im Angebot!  

Und es entwickelte sich der Ehrgeiz, die beste Currywurst anzubieten. Das Genießermagazin „Falstaff“ hat in den letzten Jahren „Schleppis Holzkohlengrill“ in St.Ingbert und „Kalinskis Wurstwirtschaft“ in Saarbrücken als „beliebteste“ Anbieter ermittelt.

Was aber macht „die Beste“ aus? Erster wichtiger Bestandteil ist die Wurst und die sollte „gut“ sein ... von der Konsistenz und vom Geschmack her! Würste sind zum Beispiel eine Spezialität von Metzgermeister Thomas Petermann aus Oberwürzbach. Petermann produziert die rote Wurst für „Kalinskis Wurstwirtschaft“. Basis ist Rindergrundbrät, dazu kommt Schwein und die Gewürzmischung. Sie wird in Schweindarm gefüllt und dann geräuchert. Farbe und Geschmack erhält sie durch die Gewürze (Senfsaat, Paprika, Curry und noch einiges mehr) und den Räuchervorgang. Die Gründer von „Kalinski“ hatten sich 2014 nach Tests von rund 100 Würsten für die von Petermann entschieden und sind bis heute dabei geblieben.

Kollege Uwe Morsch pflichtet ihm bei, wenn er über die Rezeptur seiner Würste spricht: Sie dürfen auf keinen Fall überwürzt sein, die Würze soll von der Currysoße kommen. Die Metzgerei Morsch in Malstatt gehört zu den alteingesessenen Spezialisten. Seit 60 Jahren produziert sie nach unveränderten Rezepturen tagesfrisch Würste. Über Jahre betrieb sie eigene Imbissbuden, heute noch den großen Imbiss auf den Saarterrassen. Morsch und Petermann beliefern viele Betreiber mit ihren Waren. Soweit möglich wird Fleisch aus näherer Umgebung eingesetzt. Das ist immer schwieriger, denn die Tierhaltung im Saarland ging in den letzten Jahren stark zurück.

Die weiße Wurst besteht aus Schweinfleisch, sie wird gebrüht und nicht geräuchert. Im Saarland wird sie im Darm hergestellt. Ob weiße oder rote für die Currywurst genommen wird, das ist Geschmackssache.

Die Wurst wird auf dem Grill gebraten, zerteilt und mit Soße serviert - entweder im Porzellan - oder im Papierschälchen, wahlweise mit Brötchen oder Pommes frites.

Bei der Soße gibt es auch grundsätzlich zwei Geschmacksausrichtungen. Entweder ist die Basis Tomatenketchup, die Soße wird mit Curry, Süßtöne und Gewürzen verfeinert oder sie hat Fleischbrühe als Basis, dazu kommen dann Zwiebel, Tomate, Paprika und Curry.

„Kalinski“ bietet verschiedene Soßenvarianten an: die erste „fruchtig-tomatig“, die zweite „saarländisch-traditionell“ und die dritte „fruchtig, mild“. Wer möchte kann Schärfe und Curry nachlegen.

Ambitionierte Imbisse kreieren eigene Soßen, spielen mit Süßtönen und Schärfe. Kritiker bemängeln, dass etliche durch Ketchup, Säfte und Cola sehr zuckerhaltig sind. „Schleppi“ in St.Ingbert punktet mit seiner rauchigen Geschmacksnote durch das Holzkohlenfeuer.

Die „Kalinskibrüder“ hatten 2014 die Currywurst „neu interpretiert“, boten zudem vegane Varianten an. Sie liefen den umliegenden Fastfoodanbietern am St.Johanner Markt von Pizza bis Kebab den Rang ab, und wurden damit Kult insbesondere für die jüngere Generation.

 

Auch Gourmetköche wurden auf die Currywurst aufmerksam. Bei Morsch auf den Saarterrassen nahm mancher Sternkoch selber eine Zwischenmahlzeit ein. Wolfgang Quack kam 2020 nach einem Besuch in Berlin auf die Idee, in seiner „Villa Weismüller“ Currywurst mit Champagner anzubieten. Es versteht sich von selber, dass er für seine Soße allerfeinste Kalbjus und ausgewählte Gewürze verwendete. Vom Weinhaus Piemonte ließ er passendende Champagner aussuchen. Leider endete diese Ära in der Corona-Zeit. Vielleicht kommt noch einmal jemand auf eine ähnlich gute Idee!