
Ein ganz normaler Donnerstag im Juli, früher Nachmittag und schönes Wetter. Auf der Außenterrasse des „Gräfinthaler Hofes“ sind sämtliche Tische unter den großen Kastanienbäumen besetzt, innen ist es ebenfalls gut belegt. Die Gäste genießen die ambitionierten Menüs von Jörg Künzer und seiner Mannschaft. Viele sind Stammgäste. Eine ältere Dame aus Eschringen erinnert sich an die allwöchentlichen Wallfahrten ihrer Familie zur Marienkapelle Gräfinthal in ihrer Kindheit. Damals gab es Kaffee und Kuchen und eine einfache Küche. Ein Herr erzählt vom Schinkenbrot, das er hier schon als Pennäler aß.
Der verwunschene Wallfahrtsort mit dem denkmalgeschützten Ensemble und den schattenspenden Bäumen lockte die Menschen an. Heute sind es auch Ausflügler, Wanderer und Besucher der Naturbühne, die hier einkehren. Jörg Künzer berichtet von der gutbürgerlichen Küche seiner Großmutter. Als kleiner Junge verbrachte er viel Zeit in ihrer Küche. Ihm war früh klar, dass er auch Koch werden würde. So absolvierte er seine Ausbildung in Saarbrücken (Schloss Halberg), durchlief Stationen in Sternerestaurants (Villa Fayence, Parkhotel Gegenbach) und schloss die Meisterprüfung ab.
1995 übernahm er die Verantwortung im Mandelbachtal. Er wollte Landgastküche mit „verlässlicher Qualität“ anbieten. Der Stil des Hauses änderte sich also. Vesper verschwand, auf die Speisekarte kamen ambitioniertere Gerichte. Die Stammgäste schätzen es. Sie kommen nach wie vor regelmäßig, auch zu besonderen Anlässen wie Familienfeiern.
Beliebt ist das „Bliestalmenü“ (aktuell Quiche Lorraine mit Wildkräutersalat, anschließend Rinderbäckchen mit Marktgemüse und Schupfnudeln, zum Abschluss Crème brûlée mit Haselnusseis) für 55 €. Das Vegetarische Menü beinhaltet Tomaten-Melonensalat mit Burrata, Casarecce-Nudeln mit Sommertrüffeln sowie Sorbets und Früchte (49 €). Klassiker auf der Karte sind z.B. bretonische Fischsuppe, Rinderbäckchen, Lammkeule, Krabbensalat. Die traditionell klingenden Gerichte sind handwerklich meisterhaft zubereitet, Tiere werden ganz verarbeitet, Fonds und Saucen grundsätzlich selbst produziert, viele Beilagen sind hausgemacht. Richtig entsetzt hat den Küchenmeister eine Kritik bei Tripadvisor, es gäbe „Kidneybohnen und Mais aus der Dose und kleinwürfliges Gemüse aus der Tiefkühltruhe“ Nein, da lag eine Verwechslung vor - es waren selbst eingelegte Wachtelbohnen und höchst akkurat geschnittenes Gemüse. Diese Feinheiten hat Künzer in seinen Lehr- und Wanderjahren gelernt. Und das wird umgesetzt!
Jörg Künzer gehört zu den ersten Köchen der „BliesgauLammwochen“, die jedes Jahr im Oktober stattfinden. Ganze Lämmer werden verarbeitet und zu kulinarischen Genüssen. Auch bei anderen Events wie die Hülsenfrüchtewoche im Frühjahr oder die Fischtime im Sommer beteiligt er sich gerne.
Es passt in die Philosophie des Hauses, möglichst viel aus der Region zu beziehen. Lamm aus Blieskastel, Schwein aus Ormesheim, Wild aus der Nachbarschaft, Gemüse und Obst ja nach Saison von Bauern der Region.
Das denkmalgeschützte Gebäude hat einiges erlebt. Jede Generation hat etwas hinzugefügt. An die ursprüngliche Stube angebaut wurde in den 1970‘ das Nebenzimmer, die Gartenterrasse wurde 1990 zum Wintergarten, der Außenbereich entstand neu. Eindrucksvoll ist der begehbare Weinkeller, der im Nebenzimmer seinen Platz bekommen hat. Mit Tochter Maureen, die ihre Ausbildung an der Hotelfachschule abgeschlossen hat, wirkt schon die nächste Generation mit.
Es ist dem Haus ein großes Anliegen, neue und auch junge Gäste anzulocken und für die Küche zu begeistern. Das ist eine Herausforderung, klingt doch der Name Maureen Künzer hat dazu die Pflege der sozialen Medien und den digitalen Auftritt im Blick.